Radtour Nürnberg-Nordsee 5v9: Bad Lauterberg-Bad Harzburg

 Zurück Höhen|meter: 1154HM Länge: 71.0km Gehzeit: 24Std 0 Min - Schwierigkeit
- Erlebnis Wegbeschreibung/Routen|verlauf:
Fahrradtour "Nürnberg - Nordsee", überwiegend an Flüssen entlang mit einem Schlenker durch den Harz. Konkret von Fürth/Bayern bis Cuxhaven, dann mit dem Zug zurück.
Tag 5 von 9: Von Bad Lauterberg durch den Harz, über den Brocken und entlang der Okertalsperre nach Bad Harzburg
Das war für mich die härteste Etappe mit 100km, weil ich im Harz direkt kein passendes Quartier gefunden hatte und auch die 40km Anfahrt von der Verwandschaft bis zum Harzrand bei Bad Lauterberg schon einiges an kräftezehrenden Höhenmetern hatten. Dazu kam ein kräftiges Regengebiet, dessen Durchzug ich zwar in einer Schutzhütte abgewartet hatte, aber nach dem die Luft ausgesprochen schwül war, so daß kein Schweiß mehr verdunstete.
Für diesen Bericht die Etappen angepasst, also geht es jetzt in Bad Lauterberg los.
Weil in meiner Erinnerung im Siebertal die schmale Straße eher eine Auto-Rennstrecke ohne Radweg war, hatte ich mich für das Odertal als Einstieg entschieden. Doch während es entlang der Odertalsperre noch die autofreie Südostseite gegeben hätte, hätte ich anschließend bis Oderhaus ohne Radweg auf der B27 fahren müssen. Das wollte ich vermeiden, daher entschied ich mich für ein nördliches Nebental. Ob das gut war? Ein geschotterter Waldweg, an sich gut zu fahren, aber halt doch etwas größerer Rollwiderstand als Asphalt. Außerdem mußte ich so zusätzliche 100m hinauf und dann wieder herunter ins Odertal. Diese Bergab-Passage war ein sehr steiler und holpriger, steiniger Waldweg, auf dem ich das Fahrrad kräftig einbremsen mußte, also kein Genuß der verlorenen Höhenmeter. Im Odertal folgte ich dann der alten Oderstraße zum Oderteich hoch, teils Asphalt, teils Schotter. An sich nicht steil, aber konstant bergauf, immer höherer Rollwiderstand als reiner Asphalt, immer schwül-feucht: es zog sich gefühlt ewig. Keiner Menschenseele begegnet, das war schön, aber die vielen abgestorbenen Bäume machten mich traurig, denn aus der Kindheit kenne ich den Harz noch tiefgrün (abgesehen von den Osthängen, an denen die Braunkohle-Abgaswolken ankamen).
Den Oderteich wollte ich eigentlich aus sentimentalen Gründen östlich umfahren (westlich geht nicht, wegen Moorgebiet mit Holzstegen!) und dann nach Oderbrück hinauf, aber der Aufstieg war mir dann doch zu steil in Erinnerung. Erschöpfung, Schwüle und Nebel-Niesel ließen mich spontan umplanen, daher folgte ich der der Straße östlich und dann der B4. Freitag mittag außerhalb der Ferien hielt sich der Verkehr in Grenzen und die Straße ist breit genug, so daß Autos jederzeit überholen können, das ging. In Oderbrück begegnete mir mitten am Tage ein Fuchs, der völlig entspannt 5m vor mir vorbeiging, aus einer Pfütze trank, und dann weiterzog. Ob der von den Touristenabfällen hier lebt?
Mittlerweile völlig durchnässt von Schweiß und Nebel folgte ich ab Oderbrück dem Waldweg Richtung Brocken. Gut ausgeschildert, aber steinig und holperig, immer wieder Steilstücke. Das schlimmste Segment war ein ehemaliger Grenzschutz-Kolonnenweg, steil hinauf, mit Lochbetonplatten. Wenn ich es schaffte, den 5cm-Streifen zwischen den Löchern zu fahren, ging es ganz gut. Aber etwas schwanken und ich kam in die Löcher ... nix für meine 40x622ger Touring-Reifen, auch neben dem Weg zu grober Schotter. Ab erreichen der Bahnlinie endlich wieder brauchbarer Waldweg, nach einiger Zeit dann die asphaltierte Brockenstraße - auch steil, aber immerhin gut zu fahren.
Petrus fand es anscheinend witzig: die Tage davor wolkenlos, Sonne brennt vom Himmel, 30° (Spoiler: die folgenden Tage auch). Aber nicht heute, nicht als als ich auf dem höchsten Berg Norddeutschlands stand, mit hervorragender Fernsi... NEIN! Nebel mit Sichtweiten unter 50m, schneidend kalter Wind, alles nass von Nebeltropfen und Niesel. Dank Ortskenntnis von vorherigen Besuchen fand ich immerhin den "Gipfelfelsen", auf dessen Südseite die fotogene Tafel hängt mit "Brocken, 1142m". Anderen Touristen noch geholfen, diese zu finden... Hotelkomplex und Sendeturm waren komplett verschwunden.
Im Wolkenhäuschen legte ich eine Verschnaufpause ein, zog zusätzlich Unterziehweste, Jacke und lange Hose an, und fuhr wieder abwärts, zuerst die Brockenstraße (vernunftbedingt durch die geringe Sicht mit Dauerbremse - andere Rennradler waren suizidaler veranlagt), dann entlang der Bahn und das Steilstück Kolonnenweg hinab. Der Kolonnenweg trotz starken bremsens eine extreme Belastung für das Rad. Ich habe Handy und Garmin abgenommen und in die Jacke gesteckt, aber hier hätte ich zum ersten mal gerne Federung am Rad gehabt. Mit einem Fully hätte das richtig Spaß gemacht, aber so... Ziemliche Belastung für die Handgelenke und ich litt mit meinem Rad.
Im Wald bog ich dann auf den Wanderweg zum Torfhaus ab, auch teils eine extreme Rüttelstrecke, mein armes Rad. Das Stück am Abbegraben entlang erforderte dann ein bißchen Fahrgeschick um Felssteinen im Wanderweg herum, aber das war machbar. Zum Glück kein Ausflügler-Tag, die hätten hier gestört (oder ich sie...).
Am Torfhaus hatte ich leider nicht den aus Kindertagen gewohnten Brockenblick und der "neue" Aussichtsturm reizte mich bei diesem Wetter auch nicht. Stattdessen folgte ich der Straße nach Altenau, erst etwas bergab, etwas bergauf, anschließend gaaaaanz lange bergab. Wegen Regen und feuchter Fahrbahn habe ich nicht die Aerobars genutzt (keine Bremsen daran), außerdem schmerzte der Regen im Gesicht. Aber gefühlte Ewigkeit rollen lassen bei 50km/h ist schon okay. Nein, nicht okay - schöööön.
In Altenau war ich schon zu erschöpft für sorgfältiges Routing, es war wenig Verkehr, also folgte ich einfach der Hauptstraße zur Okertalsperre. Entlang der Talsperre läuft eigentlich ein schmaler Fuß- und Radweg, durch Leitplanken von der Straße getrennt, vermutlich schwierig zu fahren wenn am Wochenende hier viele Personen laufen. Trotz der Mehr-km bin ich die andere Talsperrenseite mit den ganzen Stichtälern gefahren, zum einen aus sentimentalen Gründe, zum anderen war der Fuß-/Radweg an der Straße wegen Bauarbeiten gesperrt.
Über die Hauptsperre (ich habe sie Anfang der 80ger mal überlaufen sehen) kam ich wieder auf die Straße. Hier hatte ich Sorgen wegen des Verkehrs, denn es gibt ohne massive Höhenmeter keine Variante Richtung Oker/Goslar, doch mich hat bis zur Ortschaft Oker kein einziges Fahrzeug überholt. Vielleicht auch wieder die Ruhe eines Freitag abends außerhalb der Ferien und somit ein herliches Fahren mit konstantem Gefälle durch das herrliche Okertal mit schön geschwungenen Kurven.
In Oker habe ich eine Nebenstraße auf der anderen Flußseite genommen und bog nach Bad Harzburg / Göttingerode zum Quartier ab. Auf diesem Straßenstück mit etwas Steigung haben mich gefühlt mehr Autofahrer mit Arschloch-Abstand überholt als sonst in einer ganzen Woche Arbeitsweg - was stimmt mit den Autofahrern nicht? Gegen den Rat der OSMand-Navigation folgte ich der hauptstraße etwas länger, um im Netto noch Vorräte zu bunkern, und nutzte anschließend den "Goslarer Stadtsteig". Ein schönes Beispiel, warum man beim OSM-basierten Routing vorsichtig sein muß: fing als schwach erkennbarer Trampelpfad über eine Wiese an, führte dann über kaum lenkerbreite Wege zwischen Stacheldraht-Weidenzaun und Brombeergebüsch hindurch. Ja, "Weg" irgendwie schon, aber... Ich werde das mal versuchen zu editieren mit "bicycle:lieber nicht".
Aber völlig durchnässt, völlig ausgebrannt und völlig erfüllt von sentimentalen Kindheitserinnerungen schlußendlich im Quartier angekommen.

(Der Track wurde mit einer Smartwatch aufgezeichnet, mit dem Vortagestrack zusammengelegt, mit GpsPrune bereinigt und komprimiert)

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